„Sport ist ein Reinigungsprozess für den Körper“

Emin da Silva – zu Gast auf der spanischen Insel Teneriffa.

Emin da Silva zu Gast auf Teneriffa (Foto: Emin)

 

„Ich bin ein Laufbot­schafter, ein Lauf­künstler!“

So beschreibt sich Emin da Silva selbst. Am Dienstag, dem 12. März hat er sich vom Socorro-Strand aus auf den Weg gemacht, ins­gesamt 27,8 Kilo­meter und 3.718 Höhen­meter über­wunden, um am Mittwoch­morgen gegen 7 Uhr auf dem Gipfel des Teides an­zu­kommen. Den Erlös spendet Emin an die Finca Cada Vida Cuenta, dem Tierschutz­verein in Icod de los Vinos.

„Es ist nichts einfach gewesen“, erinnert sich Emin zurück. Geboren und aufge­wachsen ist er in einem kleinen Dorf im Osten der Türkei. Mit ins­gesamt 14 Geschwis­tern kommt Emin aus einer Groß­familie, die zudem immer umgeben war von vielen Tieren. Aufgrund des türkisch-kurdischen Konflikts floh Emin da Silva im Jahr 1991 von dort und machte sich als damals 18-Jäh­riger auf den Weg nach Deutsch­land. Dort musste er zunächst das Asyl­ver­fahren durch­laufen, wodurch einige Jahre, in denen er weder studie­ren noch arbeiten durfte, ins Land zogen. Zweimal musste Emin sogar Wider­spruch einlegen, da ihm der Staat mit der Abschie­bung drohte. Erst 1998 durfte er sodann eine Lehre als Tischler begin­nen. Emin erklärt mir: „Ich habe in den ganzen Jahren, in denen ich in diesem Verfahren steckte, die Hoff­nung niemals aufge­geben. „Und diese Hoffnung spiegelt sich heute auch in meinen Läufen wider.“

Laufen bringt vieles zum Laufen

Egal ob rückwärts, auf einem Bein oder bei schweiß­trei­benden Tempe­ra­turen durch die älteste Wüste der Welt, für Emin ist keine Heraus­for­derung zu groß. Das Laufen und ins­be­sondere die Energien, die daraus ent­stehen, erfüllen ihn sehr. Den Erlös spendet Emin da Silva ent­weder an soziale Ein­rich­tungen, bedürf­tige Tiere oder eben an die, die seine Unter­stützung benö­tigen. „Laufen bringt vieles zum Laufen in mir. Durch meine Aktionen sind bereits Freund­schaften entstan­den und Paare haben sich gefunden.“

Besonders gerne erinnert sich der Sportler an ein sehr beein­drucken­des Feed­back, das er einmal von einem Follower erhal­ten hat: „Ein junger Mann, der gerade in Afgha­nistan einge­setzt war, schrieb mir, dass ich ihm Kraft gebe, mit meinen Läufen. Er fühlte sich dadurch aufgewärmt und lief ab jetzt eben­falls täg­lich 10 Kilo­meter um das Kasernengelände.“

Andere Menschen wiederum sind verwundert und fragen ihn: „Emin, warum musst du rück­wärts, auf einem Bein oder seit­wärts laufen?“ Ich frage sie dann: „Warum hat ein Maler viele verschie­dene Pinsel, um seine Bilder kreativ zu gestal­ten? Und warum sollte ich als Läufer nur geradeaus laufen?“

Zweimal Namibia und zurück

Im Dezember 2010, zu seinem 38. Geburtstag, reiste Emin nach Namibia. Er legte dort eine Strecke von ins­ge­samt 108 Kilo­metern bei teil­weise 52 Grad zurück. „Bei diesem Lauf“, erin­nert sich Emin, „ist mir einiges bewusst gewor­den. So stand ich plötz­lich dort oben auf der Spitze dieser beein­drucken­den Düne, in der ältes­ten Wüste der Welt, und beo­bach­tete den Planeten. Und zugleich bekomme ich so viele Signale.

Ich habe auf einmal gespürt, dass ich geboren bin, um etwas zurück­zu­geben, um etwas Außer­ge­wöhn­liches zu leisten. Und das habe ich dann auch nach außen gelebt. Ich verstand, dass ich nicht minder­wertiger bin als andere. Ich habe mich nicht mehr klein gemacht und erst ab diesem Moment den wahren Kern „Emin“ ken­nen­ge­lernt. Da ihn diese Erfah­rung so positiv gestärkt und beein­druckt hat, wieder­holte er den Lauf im darauf­folgenden Jahr 2011 direkt erneut.

„Der Lauf meines Lebens“

Zu Hause ist Emin da Silva in Bremen, seine Wurzeln wird er für immer in der Türkei haben, weshalb es ihm ein großes Anliegen war, die Länder mit­ein­ander zu verbin­den. Obwohl ihm im Vorfeld viele Menschen von dieser sport­lichen Heraus­for­derung abrieten und schlimme Dinge prophe­zeiten, blieb Emin seiner Vision treu und ließ sich nicht beun­ruhigen. Zu seinem 40. Geburts­tag (er wurde am 10.01.1973 geboren) startete der Extrem­sportler am 6. April 2013 im Bremer Weser­stadion und machte sich auf seine Reise. Vor ihm lagen ins­ge­samt 2.800 Kilo­meter bis nach Istanbul, die er bereits nach 63 Marathons in 63 Tagen bewältigt hatte. Emin da Silva ist es wichtig, dass er dort, wo er hinkommt, eine Spur hinter­lässt. Er möchte etwas bewegen, einen Mehrwert für die Welt leisten. Teneriffa hat ihn mit ihren Energien sehr begeis­tert und er will auf jeden Fall wieder­kom­men, sagte er mir. Für die Insel und die Tiere von Cada Vida Cuenta hat Emin mit seinem Aufstieg zum Teide definitiv etwas Tolles geleistet und seine Spur hinterlassen.

Wer sich nachträglich noch an dem guten Zweck beteiligen und das Tier­heim unter­stützen möchte, kann auf nach­fol­gendes Konto spenden: Cada Vida Cuenta, BBVA, ES94 0182 5658 2802 0157 2577 oder Paypal: fincacadavid


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Quelle: Der Artikel von Lisa Klingenhagen, veröffentlicht im Wochenblatt Teneriffa am 28. März 2024