Der Bremer Extremsportler Emin da Silva ist der Startschütze am kommenden Freitag in Wilstedt, wo Tausende Läufer am Abendlauf teilnehmen werden.
Wilstedter Nachwuchs hat geübt
Minis fiebern dem Abendlauf entgegen
Der 36. Wilstedter Abendlauf am 25. Mai ist dieses Jahr auch Thema im örtlichen Kindergarten. Denn 23 der 57 Kinder der „Lüttjen Arche“ sind beim Mini-Lauf dabei, mit dem traditionell das Sportereignis eröffnet wird. 1000 Meter müssen die Kleinen bewältigen, um 20:15 Uhr fällt am kommenden Freitag der Startschuss.
Damit die Lütten wissen, wo es langgeht, wurde vorher geübt. Der Erzieher Martin Brunkhorst, der angeregt hatte, dass die Einrichtung erstmals am Abendlauf teilnimmt, und seine Kollegin Geelke Wehrkamp sind mit den Kindern die Strecke abgegangen. Und sie sind mit ihnen auf den Sportplatz gegangen, haben ihnen gezeigt, wie man sich warm macht und die Muskeln dehnt, um dann mit ihnen über den Rasen zu sprinten. „Das ist eine tolle Veranstaltung“, weiß Geelke Wehrkamp aus eigener Erfahrung, schließlich ist sie im vorigen Jahr mit ihren Kindern mitgelaufen. „Nächstes Jahr besorgen wir uns dann einheitliche Käppis“, meint sie. Das aktuelle Erinnerungs-T-Shirt hätten die meisten Eltern bei der Anmeldung für ihre Kinder mitbestellt.
Sport als Brücke zur Integration
Während die Kinder also dem Mini-Lauf entgegen fiebern, hat sich Lauftreffleiter Stephan Kück-Lüers um den Startschützen für den Zehn-Kilometer-Hauptlauf gekümmert. Nachdem er in dieser Zeitung einen Bericht über den Extrem-Läufer Emin da Silva gelesen hatte, nahm er Kontakt zu dem Bremer auf – und rannte mit seiner Anfrage offene Türen ein. Denn der Mann, der schon mal an 63 Tagen 63 Marathonläufe überstanden hat, der zur Feier seines 45. Geburtstags 45 Stunden auf dem Laufband verbracht hat und 108 Kilometer bei rund 50 Grad Hitze durch die Wüste gerannt ist, dieser Mann hat vor Jahren in Wilstedt einen seiner ersten Läufe überhaupt absolviert.
18 Jahre sei er damals gewesen, ein halbes Jahr zuvor war er als Flüchtling nach Deutschland gekommen, um dem drohenden Militärdienst in der Türkei zu entgehen. „Mein erster Lauf in Wilstedt ist mir in guter Erinnerung“, sagt da Silva, der seinen portugiesisch klingenden Namen von seiner brasilianischen Exfrau hat. Die von Fackeln gesäumte Strecke, die Live-Musik an den verschiedensten Ecken des Dorfes, das Feuerwerk, die gute Stimmung, das gute Miteinander aller Akteure, all das habe ihm sehr imponiert. „Daher habe ich auch sofort zugesagt, dass ich den Startschützen mache.“ Zum Glück passe es zeitlich, denn schon am Tag nach dem Abendlauf fliege er in den Urlaub.
Bei seinen Aktionen sammelt der 45-Jährige Spenden für gemeinnützige Einrichtungen. Er sei „Laufkünstler“, sagt er. Ihm gehe es nicht darum, möglichst schnell zu sein oder eine Bestzeit aufzustellen. Das sei auf Dauer ziemlich eintönig. Zentral sei für ihn der Einsatz für die Menschen. „Ich kann nichts umsetzen, wenn ich keine Botschaft trage“, sagt da Silva. Und so hat er bereits Gelder gesammelt für ein Schulprojekt in Namibia, ist für Unicef sowie die Bremer Sportjugend gelaufen und hat für den Bremer Blinden- und Sehbehindertenverein einen Halbmarathon mit geschlossenen Augen gemeistert.
Sport ist für den Bremer „die Brücke zur Integration“. Dabei meint da Silva nicht nur die Integration von Migranten, sondern die aller gesellschaftlichen Gruppen in die Gemeinschaft. So etwa auch die Integration von benachteiligten Kindern. Es sei wichtig, denjenigen zu helfen, die es von Anfang an schwer haben und allen Kindern und Jugendlichen eine Chance zu geben. Da Silva spricht aus Erfahrung. Er wird 1973 in einem kleinen Dorf im Osten der Türkei geboren. Die Familie hat wenig Geld, der Ort ist damals geprägt von Landwirtschaft. Bereits zur Grundschule müssen die Kinder sehr weit fahren. In der Großfamilie habe da Silva gelernt, sich durchzusetzen.
Es sei nicht einfach, seinen Platz unter 14 weiteren Geschwistern zu finden, erinnert er sich. Halt findet er damals schon im Sport. „Als Kind war Fußball der heiligste Sport für mich“, erzählt da Silva. Er kickt mit Freunden und Schulkameraden. Einen Sportverein zu finanzieren wäre für die Eltern unmöglich gewesen.
Was gibt es sonst Neues beim Abendlauf? Jörg Lemmermann ist der neue Stadionsprecher, nachdem Vorgänger Heinz Cordes im vorigen Jahr seinen Abschied genommen hatte. Und erstmals wird es eine Lounge-Ecke mit Sitzgelegenheiten am Wall geben. „Wir hatten 2017 schon einen kleinen Marktplatz“, erklärt Lauftreffleiter Stephan Kück-Lüers, dieser sei gut angenommen worden. „Von da aus kann man den Zieleinlauf gut beobachten“, sagt er. Bänke und Tische stelle die Wilstedter Bürgerstiftung zur Verfügung. Verbessert werde die Verpflegung der Gäste: „Getränke und Essen wird es jetzt auch beim Beachvolleyballfeld auf der anderen Seite des Sportplatzes geben“, so Kück-Lüers.
Neu eingekleidet werden die Streckenbegleiter Hartmut Schulz, Simon Schulz, Heiko Bahrenburg und Bastian Pommert, die mit ihren Rädern vorneweg fahren und bei Bedarf die Strecke frei machen. Anders organisiert als früher werde die Ausgabe der Startunterlagen, diese wird getrennt für Voranmelder und Nachmelder – wobei der Trend hin zur Spontananmeldung gehe, wie Kück-Lüers sagt. Bisher liege der Anteil bei je 50 Prozent. Nach 3.500 Teilnehmern im vorigen Jahr rechnen die Wilstedter nun mit 4.000 Läufern. Diesmal sei der Freitag kein Brückentag, den viele für einen Kurzurlaub nutzten. 160 Ehrenamtliche, vom gastgebenden MTV sowie auch von Deutschen Roten Kreuz und Feuerwehr, kümmern sich um einen möglichst reibungslosen Ablauf der Großveranstaltung.
Während der verschiedenen Läufe ist Wilstedt am kommenden Freitag, 25. Mai, von 20:30 bis circa 22:15 Uhr für den Verkehr gesperrt. Eine Durchfahrt durch das Dorf ist dann nicht möglich.
Wo die Musik spielt beim Abendlauf
Wie immer sorgen Musikgruppen an verschiedenen Stellen der Laufstrecke für Stimmung bei „Wilstedt bei Nacht“. Thedas Touch, die Band von Clive Ford, spielen Am Bogen bei Conrad Bölicke, die Kathi Schulz Band sind bei Malte Fröhlich Auf der Loge zu finden. Sander Scholtens Friends Of Desaster stehen vor Spielwaren Heins, die Sambagruppe Los Bombeiros trommelt vorm China-Restaurant, die Horny Boys spielen vorm Schuhhaus Wilstedt, das Junge Blasorchester ist vorm Sonnenstudio an der Hauptstraße zu hören, die Band Jar von Johann Ricklefs bei Else Bartel am Akazienweg, und Practise In The Barn“ rocken in der Schulstraße.
Quelle: Dieser Artikel von Johannes Heeg wurde veröffentlicht von WUEMME-ZEITUNG am 18. Mai 2018