„Aus Leid wird Leidenschaft“
Rückwärts, seitwärts, in der Sauna – Emin da Silva hat Erfahrung mit seltsamen Marathon-Rennen. Für den Bremer Lauf im Oktober hat er sich etwas Neues ausgedacht: Er will zehn Kilometer auf einem Bein zurücklegen.
Emin da Silva gibt zu: Ein langer Lauf auf einem Bein ist orthopädisch vielleicht nicht besonders sinnvoll. Aber die kreative Laufmethode verschafft ihm ein größeres Publikum und damit mehr Aufmerksamkeit für den guten Zweck. Jedes Jahr sammelt der Bremer Extremsportler nämlich Geld für eine bestimmte Bremer Einrichtung: in der Vergangenheit zum Beispiel für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, dieses Jahr für den Bremer Tierschutzbund.
„Ich möchte auf das Leid der Tiere aufmerksam machen. Im Tierheim, aber auch in der Massentierhaltung“, sagt da Silva. „Aus Leid wird so Leidenschaft.“ Wichtig sei ihm, dass diese Botschaft ankommt. Wenn dann noch Geld zusammenkommt, umso besser. Einen kompletten Marathon mutet er sich einbeinig allerdings nicht zu. Zehn Kilometer möchte er auf einem Bein zurücklegen – zwischendurch zu wechseln erlaubt er sich.
Bekannt durch frühere Aktionen
Emin da Silva ist bekannt durch frühere extreme Marathonläufe. Den Bremen Marathon legte er schon mehrfach rückwärts zurück. In Namibia lief er bei über 50 Grad Celsius 108 Kilometer auf eine Düne. Vorab trainierte er dafür in einer Sauna. Für sein aktuelles Projekt reichen Trainingsläufe in Bremen.
Um seine Sprunggelenke zu stabilisieren, hüpft er Hügel und Treppen hinauf. Außerdem stärkt er besonders Rumpf- und Wadenmuskulatur. Trotz der Vorbereitung rechnet da Silva damit, ziemlich langsam zu sein. 70 Minuten für zehn Kilometer plant er ein. Bisher scheiterte noch keines von da Silvas Projekten an seiner Kondition. „Ich habe brutal gelitten. Aber aufgeben ist keine Alternative für mich„, sagt er.
Allein den „Lebenslauf“ musste da Silva abbrechen: In 67 aufeinander folgenden Marathon-Läufen wollte Emin da Silva 2014 von Bremen nach Istanbul laufen. Doch in der Türkei wurde ihm ohne Begründung die Einreise verwehrt.
„Ohne den Sport wäre ich unter die Räder gekommen“
Emin da Silva wurde 1973 im Osten der Türkei geboren. Seine Kindheit war geprägt vom türkisch-kurdischen Konflikt. Als er alt genug war, um die Wehrpflicht anzutreten, flüchtete er deshalb 1991 nach Deutschland. Zehn Jahre lang lief hier sein Asylantrag. In dieser Zeit durfte er weder zur Schule gehen noch eine Lehre machen oder arbeiten.
Halt fand er in dieser Zeit beim Sport – Fußball spielen war seine große Leidenschaft, auch beim Laufen feierte er erste Erfolge. „Ohne den Sport wäre ich unter die Räder gekommen“, so erinnert sich da Silva an diese Zeit.
Heute lernt er durch das Laufen viele Menschen kennen, besonders wenn er einbeinig trainiert. Die Leute schauen „sehr, sehr seltsam“, erzählt da Silva. Wenn er ihnen erzählt, warum er einbeinig um den Werdersee hüpft, sind die Reaktionen aber „sehr, sehr positiv“. Mehr als 40.000 Euro an Spenden hat er nach eigenen Angaben mit seinen ungewöhnlichen Lauf-Aktionen schon zusammenbekommen.
Quelle: Artikel von Sarah Kumpf erschienen bei radiobremen am 19.8.2016